Sie kennen das Kinderspiel „Stille Post“, oder? Es ist eigentlich ganz einfach, doch am Ende kommt nur selten das heraus, was der Erste gesagt hat. Dieses Problem kennen Unternehmen bestens: Ganze 80 % der intern auftretenden Fehler sind kommunikationsbedingt. Wir müssen reden – mit den Führungskräften.
Eine Revolution jagt die nächste; wir digitalisieren unser Leben immer weiter. Alles scheint möglich. Im Vergleich dazu klingt eine unserer größten Herausforderungen ziemlich primitiv: die zwischenmenschliche Kommunikation. Wie bitte? Es gibt doch Skype-Videokonferenzen oder WhatsApp-Gruppenchats. Jeder ist irgendwie über irgendeinen Weg binnen weniger Minuten überall erreichbar.
Aber mal ehrlich: Reden wir nicht viel zu häufig einfach aneinander vorbei? Verhaltensforscher Konrad Lorenz hatte die Qualität unserer heutigen Kommunikation sehr treffend beschrieben: „Gedacht heißt nicht immer gesagt, gesagt heißt nicht immer richtig gehört, gehört heißt nicht immer richtig verstanden, verstanden heißt nicht immer einverstanden, einverstanden heißt nicht immer angewendet, angewendet heißt noch lange nicht beibehalten.“
Schon traurig: Während sich damals die Neandertaler mangels Sprachfähigkeit im wahrsten Sinne mit Händen und Füßen verständigen mussten, sind wir heute trotz vielfältiger Kommunikationsmöglichkeiten kaum einen Schritt weiter. Gesagtes und Geschriebenes wird fehlinterpretiert oder vergessen. Im Arbeitsleben passiert dies täglich. Wer holt uns aus diesem Kommunikationssumpf?
Führungskräfte, sprich Chefs und Abteilungsleiter, sind die Hauptkommunikatoren im Unternehmensumfeld. Das heißt, sie sind die Personen, die Missverständnissen am wirksamsten vorbeugen können. Mehr als zwei Drittel ihrer täglichen Prozesse erfordern kommunikative Kompetenzen. Dazu gehören Marathonmeetings mit Geschäftskunden oder die digitale Informationsvermittlung in Form von Listen oder Konzepten. Der wirklich aktiven Kommunikation mit Mitarbeitern oder anderen Abteilungen widmen Führungskräfte allerdings häufig nur einen geringen Teil ihrer Arbeitszeit. Das drückt sich in lapidar formulierten E-Mails oder hastigen Telefonaten mit den Angestellten aus.
Diese Unachtsamkeiten treffen die internen Prozesse empfindlich: Vorgesetzte lassen aus Zeitnot Informationen aus, Arbeitsaufträge und deren Hintergründe sind nicht klar, und Mitarbeiter müssen sich fehlenden Input woanders besorgen. Prozesse, die so laufen, bringen selten das gewünschte Ergebnis, sie fördern eher noch mehr Rückfragen, die der Führungskraft Zeit kosten.
Das geht auch anders! Mit diesen vier Tipps fördern Chefs und Abteilungsleiter eine lückenlose Kommunikation.
Regelmäßige Mitarbeitermeetings einführen: Das Fundament einer guten Kommunikations- und Informationsstruktur sind Regelbesprechungen, beispielsweise ein Montagsmeeting mit der ganzen Firma oder abteilungsinterne Meetings. „Das kostet mich ja noch mehr Zeit“, denken einige Vorgesetzte jetzt. Doch global betrachtet sparen solche persönlichen Besprechungen viel Zeit, weil Informationen gesammelt an alle Mitarbeiter vermittelt und etwaige Rückfragen unmittelbar und im Team geklärt werden. Das ist viel effektiver, als jeden Mitarbeiter einzeln per Mail oder Flurgespräch abzuholen. Aber Achtung: Die Häufigkeit der Meetings sollte wohl dosiert sein. Nicht jedes Projekt erfordert ein eigenes Meeting.
Gesagtes schriftlich festhalten: Protokolle der regelmäßigen Meetings unterstützen die mündliche Information und dienen als Nachlese. Selbst Mitarbeiter, die krank oder im Urlaub waren, können auf digitalem Wege alle Themen nachvollziehen. Protokolle lassen sich digital über ein unternehmensinternes Intranet verbreiten und teilen.
Individuelle Ansprache ist unersetzlich: Die Königsdisziplin sind aber die Arbeitsaufträge, die Führungspersonen an einzelne Mitarbeiter weitergeben. Jeder Mitarbeiter ist anders, versteht schneller oder langsamer, hat unterschiedliche Stärken und Schwächen. Möchten Vorgesetzte ihrem Team etwas mitteilen – egal, ob schriftlich oder mündlich –, sollten sie in der Lage sein, die Reaktion der Mitarbeiter zu antizipieren: Ist alles verständlich? Gibt es Interpretationsspielraum? Welche Nachfragen könnten aufkommen, und kann ich diese im Vorhinein beantworten? Klingt zunächst nach großem Aufwand, aber es lohnt sich. Gerade im Arbeitsleben ist diese Antizipationsfähigkeit unersetzlich. Auf lange Sicht spart man sehr viel Zeit.
Auf Transparenz achten: Auch bei Arbeitsaufträgen für einzelne Angestellte sollten Führungskräfte nicht vergessen, die Personen in Kenntnis zu setzen, die direkt oder peripher am Projekt beteiligt sind. Manchmal reicht es schon, Kollegen bei einer E-Mail in Kopie zu nehmen oder als Projektbeteiligte im internen Workflow-Tool zu integrieren. Durch diesen transparenten Informationsfluss laufen Prozesse selbst in zweiter und dritter Instanz noch optimal weiter.
Während die Digitalisierung unsere Prozesse beschleunigt, kommen sie ab und zu durch lückenhafte Kommunikation wieder zum Stehen. Führungskräfte sind gefragt. In ihrer Position sollten sie versuchen, gezielter auf ihre Mitarbeiter einzugehen, sie als Individuen anzusprechen und nicht als eine große Masse. Genau das macht den Chef des 21. Jahrhunderts aus.